Im Moment fließen hauptsächlich Geld und Textilien über den Ozean zwischen Kambodscha und Wien. Nichts fließt hingegen bei den Millionen Kambodschanern, die weder Zugang zu Trinkwasser noch sanitärer Versorgung haben. Lars Wesener, der in Kambodscha mit seiner NGO Dirt Water Projekte für Wasser- und Hygiene umsetzt, möchte den Wiener*innen diese Ungleichheit vor Augen halten. Dafür hat er sogar ein Café eröffnet.

Wenn Welten dazwischen liegen

Das ist mein Zugang zu Wasser: Ich lasse es erst einmal laufen, in der Früh. Weil erstens habe ich irgendwo gelesen, dass sich vielleicht Keime bilden, wenn Wasser zu lange in der Leitung steht. Und zweitens ist es sonst lauwarm. Das schmeckt mir nicht. Ich halte meinen Finger unter den Strahl und warte. Nach 20 bis 30 Sekunden ist es, wie ich es haben will: eiskalt. So trinke ich das Wiener Hochquellwasser am liebsten.

In seinem NGO-Café beschreibt mir Lars Wesener den Zugang zu Wasser am anderen Ende der Welt, in Kambodscha, wo seine NGO Dirt Water tätig ist: „Wenn die Kinder zur nächsten Wasserquelle zwölf Kilometer laufen müssen und sie das hin und zurück vier Stunden ihres Tages kostet, dann können sie auch nicht zur Schule gehen.“

Trinkwasser

Laut UN-Weltwasserbericht von 2019 leben 844 Millionen Menschen, mehr als doppelt so viele wie die Gesamtbevölkerung der USA, ohne Trinkwasserversorgung. Noch mehr Menschen – Schätzungen zufolge 2,3 Milliarden – fehlt eine sichere sanitäre Versorgung. Tod durch Typhus oder Durchfall sind die Folge. Dabei kommt es darauf an, wo man wohnt. In Österreich haben 100% der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser, in Europa sind es 94% und in Kambodscha 25%. 

Wer zahlt den Preis?

Das südostasiatische Land ist eines der 47 Least Developed Countries, die ärmsten unter den Entwicklungsländern. In den ländlichen Gebieten haben 18% der Kambodschaner Zugang zu einer Toilette, jedes fünfte Kind stirbt an Durchfall. Gleichzeitig steigt der weltweite Wasserverbrauch seit den 80ern kontinuierlich, bis 2050 wird ein Anstieg von 20 bis 30% erwartet. Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher, gefolgt von der Industrie und hier allen voran die Textilbranche.

Wer auf die Wäschemarken seiner Kleidung schaut, findet oft den Hinweis „Made in Cambodia“. Textilien sind mit über 80% der wichtigste Exportartikel des Landes. Von den schlechten Arbeitsbedingungen – Menschenrechtsverletzungen, Niedrigstlöhne – distanzieren sich die Konzerne. Und die Konsumenten folgen dieser Vogel-Strauß-Politik. Einem in Kambodscha um 20 Cent Lohnkosten genähten T-Shirt folgen wir wieder zurück nach Wien, wo es um mindestens 20 Euro verkauft wird.

Großkonzerne zerschlagen

Auch im Café von Lars im 7. Wiener Gemeindebezirk schießt das Wasser eiskalt aus der Leitung, aus der Espressomaschine zischt Dampf. Er habe das Café eröffnet, um die Arbeit seiner NGO transparent zu machen. Jeden Tag steht er hinter dem Tresen, ihn kann und soll ansprechen und ausfragen wer möchte: „Ich sag immer, ich kann die nächsten Hundert Jahre Wasserprojekte machen, solange wir hier in Österreich weiterhin große Konzerne unterstützen und deren Scheiß kaufen. Weil die produzieren nicht in Österreich, nicht in Deutschland. Die produzieren dort, wo die Menschen verrecken.“

Mit gutem Kaffee und gemütlichen Sesseln lockt er die Menschen an, damit sie sich in seinem Café mit sozialen Themen auseinandersetzen. Lars will Menschen bewegen, zum Nachdenken motivieren. Vor zwei Jahren, zum Weltwassertag am 22. März, hat Lars sein Café eröffnet. Bis er ein Umdenken der Wiener erreicht hat, wird wohl noch einiges an Wasser durch die Leitungen der Stadt fließen. 

Standort

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Adresse

Kandlgasse 35

1070 Wien

Öffnungszeiten

DI – DO: 12:00 – 23:00
FR – SA: 12:00 – 01:00
SO: 12:00 – 20:00